Neulich las ich im blauen Wald einen Tweet über die verschiedenen Arten und Deutungen von Strafen. Ein spannendes Thema zu dem 10 Menschen befragt werden könnten, um 20 Antworten zu geben. Im Podcast (Folge 46) habe ich mich bereits mit dem Eisbären über ganz grundsätzliche Aspekte von Strafen im BDSM ausgetauscht.
An der Stelle hier möchte ich gern ein paar weitere Aspekte einbringen.
Es ging in dem Tweet primär um die Frage, ob Sub Konsequenzen als Reaktion auf ein Fehlverhalten braucht, um zu lernen, sich besser an Regeln zu halten.
Wie so vieles im BDSM sind auch Strafen alles andere als eindimensional. Was in einer BDSM-Beziehung als Strafe gilt, ist mindestens genauso individuell, wie jeder Mensch innerhalb dieser Beziehung. Um also für sich festzulegen, was bestraft werden soll und vor allem auch wie es bestraft werden soll, ist viel Kommunikation notwendig. Kommunikation im Vorfeld, währenddessen und auch danach, denn wie Strafen wirken und was sie auslösen, hängt von vielen Faktoren ab.
Selbst in Beziehungen, die auf den ersten Blick ohne Strafen, dafür aber mit Belohnungen arbeiten, wird mehr oder weniger gestraft. Denn bleibt eine sonstige Belohnung als Konsequenz auf ein Fehlverhalten aus, ist auch das im Grunde eine Bestrafung, aus der Sub gegebenenfalls Schlüsse zieht, um zukünftig danach zu handeln.
Ein Beispiel:
Als Belohnung für einen angemessenen Umgangston und die regelmäßige Erfüllung von Aufgaben darf Sub in der Woche eine vorher festgelegte Anzahl Orgasmen erleben. Für unpassende Kommentare, schnippische Antworten oder ähnliches, wird die Anzahl der bislang regelmäßig gestatteten Höhepunkte nach unten korrigiert. Der Umfang der Belohnung wird somit reduziert oder sogar ganz eingestellt. In dem Fall wird also dennoch gestraft und Sub hat die Möglichkeit aus dieser Konsequenz zu lernen.
Das Streichen von Benefits, aber auch der Einsatz unliebsamer Praktiken (wie z.B. Schläge oder Verbote) können also als Sanktionierung eines unliebsamen Verhaltens gewertet werden.
Weiter wurde die Frage gestellt, ob Strafen – wenn Sub sie genießt – überhaupt dazu führen, dass Sub daraus lernt. Wie verhält es sich denn, wenn Sub vielleicht masochistisch ist und Spaß an Strafen wie Schlägen hat. Oder wenn Sub Freude an Keuschhaltung empfindet.
Grundsätzlich gehört es meiner Meinung nach unbedingt zu den anzusprechenden Themen, wenn es in einer BDSM-Beziehung um Strafen geht. Aus „Strafen“ die Sub persönlich Freude bereiten, wird Sub vielleicht eher noch die Erkenntnis ziehen, gleiches Fehlverhalten erneut an den Tag zu legen, um die „Strafe“ erneut zu erleben. Der Erziehungsaspekt der damit einhergeht, dürfte zumindest nicht in die Richtung gehen, die Dom*me sich vorstellt und die zuvor consensual besprochen wurde.
Für diese Art von Strafe gibt es aus dem Englischen den schönen Begriff des Funishments. Also einer Mischung aus Fun (Spaß) und Punishment (Strafe).
Ein Beispiel:
Sub liebt Schläge auf den Arsch und weiß genau, dass Dom*me erwartet, Sub in der Wohnung nackt vorzufinden. Ein schelmisches „Oh das habe ich doch glatt vergessen. Vielleicht könnten ein paar Schläge helfen!“ können zum Ziel führen – also zu den gewünschten Schlägen auf den Hintern. Wobei das teilweise auch als Topping-from-the-bottom oder als Manipulation des dominanten Parts gewertet werden könnte. Hier – wie in allen anderen Konstellationen ist es einfach wichtig, was für alle Beteiligten stimmig ist und was sich gut anfühlt. Wenn es passt, gut so. Wenn nicht, helfen Gespräche.
An der Stelle sehe ich noch ein winziges Detail, das einen großen Unterschied zwischen Provokation und Bitte machen kann. Provoziert Sub solch eine Reaktion durch bewusstes Brechen von Regeln, mag der physische Output der gleiche sein, als hätte Sub schlichtweg um die Schläge gebeten und sich nicht über Regeln hinweggesetzt.
– Sub wird geschlagen.
Doch auch wenn die Strafe zum Teil Spaß macht, ist es noch immer eine Strafe, deren Umfang im konsequenten Fall von Dom*me bestimmt und die nicht von Sub beendet wird. Im Fall einer Bitte hingegen gäbe es noch immer die Möglichkeit, sich für die bereits erhaltenen Schläge zu bedanken und auf dem Weg zu signalisieren, dass es genügt.
Natürlich funktioniert ein Abbruch auch bei einer Strafe, doch der psychische Aspekt könnte dabei ein ganz anderer sein. Abgesehen davon tut es möglicherweise dem Machtgefälle einer BDSM-Beziehung keinen Gefallen, wenn Dom*me sowohl in der Handlung, als auch dem Abbruch dieser lediglich Subs Erfüllungsgehilfe ist.
Jetzt soll das keinesfalls bedeuten, dass beispielsweise Schläge für Subs die Schläge mögen als Strafe ungeeignet sind. Im Gegenteil. Oft macht die Dosis das Gift. Nun sind auch Schläge nicht gleich Schläge. Die mit dem Flogger sind möglicherweise noch angenehm, allerdings kann der Rohrstock ein kleines Hassobjekt sein. Oder der Arsch fühlt sich gut an, während die Oberschenkel eher um jeden Schlag dankbar sind, den sie nicht bekommen.
Auch hier gilt: Kommunikation ist König!
Neben Subs deren absichtliches Brechen von Regeln zum Spiel dazu gehört, gibt es die, die gern provozieren und die dabei austesten, wie weit sie gehen können. Dabei kann das Wissen um die bloße Existenz einer möglichen Strafe schon viel Nervenkitzel bedeuten. Die Androhung einer Strafe genügt manchmal bereits für einen Kick. Für andere wiederum ist der Gedanke an Strafe abschreckend.
Es gibt Subs, die Regeln nach bestem Wissen und Gewissen einzuhalten versuchen, weil es sich für sie so am besten anfühlt. In diesem Fall bedeuten Strafen mitunter nicht nur nichts Gutes oder Spannendes, sondern bereiten im Gegenteil wirklich negative Gefühle. Immerhin werden sie dann eingesetzte, weil Sub den Regeln und Vorgaben aus welchem Grund auch immer nicht gerecht geworden ist.
Mit Blick auf all diese Punkte dürften Strafen also unterschiedlich ausfallen, wenn Dom*me einfließen lässt, wie hingebungsvoll sich Sub sonst um die Befolgung aller Regeln bemüht und wie häufig eine bestimmte Regel bereits gebrochen wurde. Abgesehen davon ist Dom*me auch kein Computer, der je nach Handlung von Sub nach einem vorprogrammierten Schema handelt. Auch hier spielen Stimmung, Tagesform und individuelle Bedürfnisse hinein.
Die Durchsetzung von Regeln und Strafen ist also ein absolut komplexes Thema. Was für den einen Strafe ist, kommentiert die nächste mit gelangweiltem Augenrollen. Während manche*r Sub es geradezu darauf anlegt, bestraft zu werden, ist es für andere schon Strafe genug, nur an Konsequenzen zu denken. Wie Strafen wirken, hängt neben der Situation stark vom Menschen und der jeweiligen Beziehung ab.
BDSM ist so wundervoll bunt und vielseitig und über allem steht wie eigentlich immer die ehrliche Kommunikation, um auszuloten, was sich am besten anfühlt. Es gibt zwar keinen goldenen Weg, aber solange alle Beteiligten sich wohl fühlen, ist es gut.
Genau – das Spiel kann durchaus der Sub in die erhoffte Bahn lenken. Denke aber, dass der Leader in der Geschichte sicher genau weiss, was nun wirklich Strafe (Mobile Entzug, Bügeln, kein TV, keine Beachtung, keine Musik, kein Tee oder Café usw.) und was Genuss (Schläge, ein weiterer Tag keusch, Dirty-Talk usw) ist.
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🌹Bei keiner Beachtung bin ich raus, aber das ist ein anderes Thema.
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