Perlentaucher – 1/2

Wenn wir uns Menschen als Magnete vorstellen, ist die Vorstellung, dass wir uns gegenseitig beeinflussen und lenken recht einfach zu begreifen. Wir ziehen uns an und stoßen uns ab.
Stellen wir sie uns nun als fixierte Körper vor, die umgeben von kleinsten Metallpartikeln sind, können unterschiedliche Magnetstärken und -felder verbildlicht werden.

Einen Magneten allein werden diese Partikel vielleicht kreisförmig umgeben. Stellen wir einen zweiten in gewissem Abstand dazu. Werden sich die Partikel – abgesehen von ein paar Ausreißern – vermutlich irgendwo in der Mitte sammeln.

Spannend wird es dann, wenn noch ein dritter oder gar vierter Magnet dazu kommt. Je nachdem wie wir sie positionieren und die Stärke jedes einzelnen regulieren, werden sich die Partikel verteilen.

Ungefähr so funktioniert das auch im Zwischenmenschlichen. Agiere ich mit meinem Menschen, ist die Verteilung ziemlich einfach vorherzusagen. Das Spiel der Partikel konzentriert sich auf einen Punkt irgendwo zwischen uns. Schon bei einem weiteren Menschen wird sich das Bild verändern. Jedes Spiel zu dritt wird zwangsläufig von allen Beteiligten bestimmt.

Das ist normal und kann spannend sein, wird aber immer dazu führen, dass die Dominanz meiner Spielpartner nie im Urzustand ausgespielt werden wird. Es wird Anteile von beiden geben, die den Verlauf bestimmen, wohingegen andere Anteile verborgen bleiben. Ich betrachte das völlig wertfrei, weil es ein Erlebnis nicht weniger gut oder weniger wertvoll macht. Das macht es nur anders.

Ein Grund für den Entschluss auch Solo-Dates auszuleben, war mein Wunsch, die Dominanz eines anderen Menschen ohne den Einfluss meines Primär-Magneten kennenlernen zu können. Einen Schritt mehr die Urform einer anderen Dominanz spüren zu dürfen.

Seltsamerweise sind dennoch die Dates mit dem Mann gemeinsam die bislang intensivsten gewesen. Das Vergangene möchte ich definitiv dazu zählen, aber ich denke, ich sollte von vorn beginnen.

Schon vor einem Monat stellte ich ein Date ins Joy. Hauptsächlich, um meinen inneren Kontrolletti zu befriedigen – vielleicht auch, um frühzeitig einen Haken am jeweiligen Gegenüber zu finden. Ich wollte den Menschen oder das Paar gern vorher abklopfen. Ich wollte wissen, ob es allein vom Schreiben her stimmig ist oder nicht. Dummerweise kollidiert mein Vorgehen mit dem der (gefühlt) meisten anderen dort.

Abgesehen von denen, die nach der dritten Nachricht bereits Anweisungen schickten, was ich zu tun und zu lassen hätte, und denen, die nach einer Herrin suchen, scheiterte es oft daran, dass sich einige Tastenerotiker bemüht fühlten, ihre Phantasien drehbuchartig als Textwall inklusive gewünschter Dialoge ins Postfach zu werfen.

Es verfestigt meinen Eindruck, dass sich dort sehr viele Menschen tummeln, die einen schnellen Fick suchen. Das ist okay! Wenn es passt. Für mich tut es das nicht. Insbesondere dann nicht, wenn es ein Date im BDSM-Kontext sein soll. Da brauche ich das Vertrauen und das wächst im Regelfall mit der Zeit.

Zu den Genannten gab es noch die, die nach einer oder zwei Nachrichten auf Fotos bestanden. Ja… das Nicht-Verschicken mag für manche Menschen ein Ausschlusskriterium sein, aber sowohl im Twitter, als auch im Joy bin ich vorsichtig mit derartigen Fotos. Da könnte auch hineinspielen, dass es von meiner Seite aus einfach nicht wichtig ist. Auf meinen Wunsch hin, zunächst die Interessen und Vorstellungen zu besprechen und dann im Anschluss bei Übereinstimmungen ein Foto zu schicken, nahmen die meisten Gespräche arktische Züge an.

Eine knappe Woche vor dem geplanten Tag war ich für meinen Teil zumindest der Überzeugung, wir würden keinen Erfolg mit der Suche haben. Ich kann gar nicht mehr sagen, wie viele Unterhaltungen wir dort geführt haben und es war schlicht und ergreifend frustrierend.

Ich hatte die Suche also schon abgehakt, da ploppte ein Kompliment für eines unserer Bilder auf. Geschickt von einem Paar mit unglaublich schönen Fotos, die sehr professionell wirkten. Vor allem aber auch von einem Paar aus der Stadt, die wir besuchen wollten. Ich habe da nicht viel hineininterpretiert. Der Mann aber fragte (meiner Meinung nach eher frech) nach, ob das Kompliment Zufall wäre, wo wir doch auch ein Date-Gesuch eingestellt hätten.  Es entwickelte sich ein spannendes Gespräch über Möglichkeiten und Wünsche, mit dem ich im Traum nicht mehr gerechnet hatte.

Auch im Nachhinein finde ich es faszinierend, wie harmonisch es während all der Nachrichten zuging. Da war so viel Wertschätzung und gegenseitiger Respekt, dass es sich einfach stimmig anfühlte. Wir vereinbarten also Zeit und Treffpunkt und zumindest ich für meinen Teil war unendlich aufgeregt.

Im Hotel angekommen fand ich dann endlich den Haken, den ich insgeheim schon die ganze Zeit gesucht hatte. Wobei Haken noch untertrieben ist – Abrissbirne wäre sehr viel passender gewesen. Nur leider war es keine, auf der eine halbnackte Frau ihren Hinter geparkt hatte, sondern eher eine von der Sorte, die gnadenlos zertrümmert, was ihr in den Weg kommt.

Das Zimmer, das auf den Fotos vom Hotel noch relativ geräumig ausgesehen hatte, entpuppte sich als ein größerer Kleiderschrank. Rings um das Bett hatten wir keinen Meter Platz und befand man sich im Bad, war es nur noch mit artistischen Verrenkungen möglich, die Tür hinter sich zu schließen.

Das wars… war mein erster Gedanke und ich hätte vor Enttäuschung heulen können. Auch ein Telefonat mit der Rezeption ließ keine Hoffnung auf Änderung der eher niederschmetternden Tatsachen und meine Nachricht an das Paar klang vermutlich genauso, wie ich mich fühlte. Dezent jämmerlich. Ich hätte es vollkommen verstanden, wenn sie unter diesen Umständen das Treffen abgesagt hätten.

Ein Queensize-Bett für vier ist schon wirklich hart an der Grenze, aber es hätte zudem keine Möglichkeit gegeben, sich für einen Moment aus der Situation zu ziehen. Klar hätten wir uns übereinander stapeln können, doch wirklich einladend wäre es nicht geworden.

Dennoch blieben die beiden dabei und ließen sich nicht verschrecken, wofür ich auch jetzt noch unglaublich dankbar bin.

Vielleicht war es die durchweg positive Energie auch während dieser Nachrichten, die irgendeinen überirdischen Mechanismus in Gang gesetzt haben (wer weiß das schon so genau) sodass wir am nächsten Morgen mit der Rezeption – trotz Absage am Vorabend – ein Zimmerupdate aushandeln konnten. Was soll ich sagen… so ein Studio ist schon ganz angenehm.

Mit King-Size-Doppelbett, zwei zusätzlichen Sesseln (inklusive Tisch) und einer Badewanne ausgestattet, bot dieser Raum so viel mehr Platz und Möglichkeiten, dass ich kurz davor war, abermals okular zu tropfen.

Nach einer Hafenrundfahrt am Morgen und einem entspannten Mittagessen im Portugiesenviertel ging es zurück ins Hotel. Dort bereiteten wir uns auf den Abend vor und stimmten uns ein. Hier zeigte sich, wie eingerostet ich mittlerweile für derartige Dates bin. Meine Klamotten ließen sich nicht so kombinieren, wie ich es mir vorgestellt hatte und die Corona-Kilos – nein es sind leider keine Pfunde mehr – zauberten Röllchen dort, wo ich auf sie auch hätte verzichten können. In der Aufregung habe ich auch die Ballerinas zuhause vergessen und strolchte dann in Sneakers zum vereinbarten Treffpunkt, nur um dort darauf zu hoffen, ein paar Minuten früher anzukommen, um unbeobachtet in die Heels schlüpfen zu können.

Spannenderweise fiel mir erst dort auf, dass wir bis dahin nur sein Gesicht vom Whatsapp-Profil und ihre ungefähre Statur von den Joy-Bildern kannten. Weder hatten wir, noch hatten sie nach Fotos gefragt und irgendwie ist es eine Bestätigung der Vermutung, dass es vielmehr das Zwischenmenschliche ist, das für ein Date entscheidend ist. Dieses Zwischenmenschliche hat definitiv gepasst.

Ich kann es nicht anders beschreiben… Als die beiden dann vor uns auftauchten, war ich schon ziemlich begeistert. Da standen zwei Menschen vor uns, die aus dem Innersten heraus strahlten. Diana, eine wunderschöne zarte Person, die mit Sicherheit problemlos die Blicke auf sich zu ziehen weiß und Henry, ein Mensch, der tatsächlich nur vom Auftreten her einen gewissen Respekt und zugleich unwahrscheinlich viel Ruhe ausstrahlte.

Für meinen Teil habe ich mich sofort sehr wohl gefühlt, was sich auch während der Gespräche bei einem gemeinsamen Abendessen und beim Schlendern durch die Boutique Bizarre bestätigt hat. Die beiden wirkten einfach sehr entspannt und aufgeschlossen, was es wunderbar einfach machte, Gesprächsthemen zu finden und dabei Schritt für Schritt zu schnuppern, ob auch ein Mehr möglich wäre.

Nun ja… wie sich zeigte war es möglich und es harmonierte auch fernab des gesprochenen Worts. Eine Tatsache, die sowohl mein Hintern, als auch meine Libido sehr befürworten. Leider kann ich ab hier keinen klaren Ablauf mehr wiedergeben. Hauptsächlich deshalb, weil es eben dank sehr eindrücklicher Empfindungen alles irgendwie verschwimmt und zu einem ganz wundervollen Gesamterlebnis wurde, das ich mir so nicht hätte erträumen lassen…

tbc

2 Kommentare zu „Perlentaucher – 1/2

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